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Donut Berlin Festival: Tag 1 – Die Welt neu zeichnen

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Wie wir uns die Welt vorstellen, so sehen wir sie. Um unsere Welt zu verändern, brauchen wir zunächst die Kreativität, sie anders und neu zu denken. Für Kate Raworth ist dieses “Redrawing the world” das mächtigste Werkzeug, um Veränderungen einzuleiten. Und das ist nicht leicht: Veränderungen fordern uns, weil wir nur wissen was wir verlieren – nicht aber, was wir gewinnen.

Change is hardest just before we make it – because we think we know everything we are about to lose, but we don’t know what we are about to gain. Later, when you find yourself on the other side of change, you ask yourself: Why did it take me so long?

Kate Raworth

Als Gesellschaft müssen wir lernen, diesen Sprung viel schneller zu machen. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse des Eröffnungsabends des Donut Berlin Festivals. In Zusammenarbeit mit Christin Bettinghaus und Ingke Purrmann vom Arts & Nature Social Club und dem Museum für Naturkunde Berlin hatten wir die renegade economist Kate Raworth (Donut Ökonomie. Endlich ein Wirtschaftssystem, das den Planeten nicht zerstört) und den Künstler Tino Seghal – weltberühmt für seine immaterialle Kunst, die nur im Moment und in der Erinnerung der Zuschauer:innen existiert – zu einem Gespräch in den Dinosauriersaal des Naturkundemuseums eingeladen. Dessen Direktor Prof. Johannes Vogel eröffnete die Diskussion – und zeigte neben Kreativität ein weiteres Spielfeld für konsequentes, schnelles und nachdrückliches Handeln: die Natur.

Neue und schnelle Wege, ökonomisches Denken zu verstehen

Kultur und Kunst sind gesellschaftliche Seismographen für Veränderungen. Kunst kann unsere Sicht auf die Welt verändern und spielt neben neuen Erzählungen über Ökonomie eine ebenso wichtige Rolle beim aktiven Wandel. Auch die Wissenschaft nutzt die positive Kraft von Bildern, um unsere Vorstellungskraft zu stimulieren und dadurch neue Denkweisen zu eröffnen. 

To me that’s the challenge. How do we create economies that thrive without growing endlessly. I believe we can bring it to life. I think people in the street will understand it faster than some economists in economics departments and so that is why art and culture and creativity are so essential for making these patterns visible, making them irresistible, and making them real.

Kate Raworth

Aber die neuen Denkweisen müssen durch neues Handeln ergänzt werden, um die Umwälzungen bewältigen zu können. Tino Seghal fordert uns dazu auf, uns neue Gewohnheiten anzueignen und überkommene Vostellungen aufzugeben. Zum Beispiel die von einer notwendigen Materialität von Produkten.

We need a psycho-social change. Maybe we can call it new status games – status games around creativity. Creativity as a production factor, however, can grow endlessly. Products of the future will be more immaterial products which answer to immaterial needs. […] Change the habits and you may change the whole quantum system around you.

Tino Seghal

Raworth und Seghal sind sich einig, dass wir grundlegend auf geringe ökologische Auswirkungen von Produkten achten müssen, um weitreichende ökologische Kosequenzen zu vermeiden. Im Bild des Donut der planetaren Grenzen gerät die Rolle der Natur nie aus dem Fokus. Es gilt Verantwortung für die Natur zu übernehmen und mit dem, was der Planet bereitstellt, regenerativ umzugehen. Johannes Vogel wies darauf hin, dass sie für uns als Zukunft wahrgenommen werden muss, damit sie selbst eine Zukunft hat.

Unser Umgang mit der Klimakrise ist entscheidend dafür, wie wir in Zukunft leben. Unser Umgang mit Biodiversität hingegen ist dafür entscheidend, ob wir in Zukunft überhaupt überleben.

Johannes Vogel

Der Donut, darauf wies Donut Berlins Co-Gründerin Nicole Hartman hin, ist ein Symbol der Hoffnung, ein Kompass und ein Werkzeug, um ins Handeln zu kommen. Sie beschreibt unsere Motivation mit einem bei Fridays for Future entlehnten Motto:

Vielleicht schaffen wir es nicht mehr, die 1.5 Grad-Grenze einzuhalten und unsere ökologischen Grenzen zu respektieren. Aber wir haben uns entschieden, alles zu versuchen – und währenddessen Spass zu haben.

nach Luisa Neubauer

Das Event “The Doughnut as a Mindset – A Conversation On How to Redraw the World with Kate Raworth and Tino Sehgal” konnte von ein paar Dutzend geladenen Gästen vor Ort und einigen Hundert Zuschauer:innen live via Zoom und Youtube-Livestream verfolgt werden. Dieses acht minütige Video vermittelt einen Eindruck der Veranstaltung und in dieser Langfassung (Lohnt sich!) kann man die komplette Diskussion wie auch das musikalische Rahmenprogramm von Frida Gold nachschauen.

Die Veranstaltung wurde u.a. realisiert mit Mitteln des Leibniz-Aktionsplans II der Leibniz Forschungsmuseen.

Das Festival-Team im Naturkundemuseum Berlin by Philipp Köhler – www.philkoehler.com