Der Donut ist ein Werkzeug, ein Kompass, der unserem Neudenken auf die Sprünge hilft. Er öffnet die Augen dafür, dass Wirtschaft eingebettet ist – in die Gesellschaft und in die globalen Ökosysteme. Im Moment ist sie auf einem Pfad der Selbstzerstörung. Aber das ist ein Designfehler, den wir korrigieren können. Hier der Vorschlag von Kate Raworth:
So sah der globale Donut im Jahr 2020 aus. Inzwischen sind zwei weitere planetare Grenzen überschritten – alle Informationen dazu findet ihr auf den Seiten des Stockholm Resilience Center. In einem Forschungsprojekt der Universität Leeds wurden die Daten zu den ökologischen und sozialen Standards für jedes Land erarbeitet. Deutschland als Industrienation des sogenannten Globalen Nordens hat die ökologischen Grenzen weit überstrapaziert und somit eine größere moralische Verantwortung, seine Wirtschaft auf Regeneration umzuschalten.

Die sieben Prinzipien der Donut Ökonomie
In ihrem Buch „Donut Ökonomie. Endlich ein Wirtschaftssystem, das den Planeten nicht zerstört“, beschreibt Kate Raworth die wirtschaftlichen Mechanismen, die für die Überschreitung der planetaren Grenzen und die großen globalen Ungerechtigkeiten verantwortlich sind. Und sie stellt ihnen die Ansätze gegenüber, die diese Mißstände beenden könnten. In ihren sieben Kapiteln formuliert sie daraus die Grundprinzipien der Donut Ökonomie:
- Ändere das Ziel: Von Wirtschaftswachstum, das sich an einer einzigen Größe – dem Bruttoinlandsprofukt – orientiert, zum Donut, der ein gutes Leben für Alle im Rahmen der planetaren Grenzen schaffen will
- Sieh das ökonomische Gesamtbild: Die unterschiedlichen Rollen innerhalb der Wirtschaft sehen und anerkennen, dass sie in die Gegebenheiten des Planeten eingebettet ist
- Nähre die menschliche Natur: Fürsorgliche, mitfühlende und auf Gegenseitigkeit beruhende Gemeinschaften unterstützen einander im Netz des Lebens
- Lerne systemisches Denken: Die Unvorhersehbarkeit komplexer Systeme und ihrer Zusammenhänge und Dynamiken anerkennen
- Designe distributive Systeme: Chancen und Wertschöpfung mit allen teilen, die sie mitgestalten, d.h. mit der gesamten Gesellschaft
- Designe regenerative Systeme: Mit und in den Kreisläufen der lebendigen Welt arbeiten, um wieder ins ökologische Gleichgewicht zu kommen
- Denke neu über Wachstum nach: Wir brauchen eine Wirtschaft, die Gemeinwohl ermöglicht, unabhängig davon, ob sie wächst oder nicht
Einmal komplett zum Falten für die Hosentasche.
Um diese theoretischen Prinzipien auch in die Tat umzusetzen, hat das Doughnut Economics Action Lab gemeinsam mit der Stadt Amsterdam eine Methodologie entwickelt: Das Doughnut City Portrait. Aus vier Perspektiven fragt es nach dem guten Leben und bezieht die Antworten möglichst aller gesellschaftlichen Gruppen der Stadt mit ein. Dies lässt sich für andere Kommunen, Organisationen, Universitäten, Museen, Unternehmen – für jeden Kontext weiterentwickeln. Für Berlin fragen wir:
Lokal-Sozial:
Was bedeutet ein gutes Leben für die Menschen in Berlin? Was macht Berlin nach ihren Vorstellungen zu einer lebenswerten Stadt, im Hinblick auf Gemeinschaft, Wohnen, Gesundheit, Bildung, Mobilität, Mitbestimmung und soziale Gerechtigkeit? Und wie weit ist Berlin derzeit von den Visionen seiner Bewohner:innen entfernt?
Lokal-Ökologisch:
Was bedeutet es für Berlin, sich im Einklang mit den lokalen Umweltbedingungen zu entwickeln? Je besser sich die Stadt in ihre natürliche Umwelt einfügt, desto anpassungs- und lebensfähiger wird sie langfristig sein.
Global-Ökologisch:
Berlin ist als Metropole weltweit vernetzt. Damit geht auch eine globale Verantwortung einher. Was heißt das für die tägliche Einfuhr an Konsumgütern, Materialien und Rohstoffen, den damit einhergehenden Land- und Ressourcenverbrauch und den Umgang mit entstehenden Abfall- und Reststoffen?
Global-Sozial:
Und was bedeutet die globale Verantwortung für die Arbeits- und Lebensbedingungen aller Menschen weltweit? Wie können wir als Berliner Konsument:innen, Unternehmer:innen, politische Entscheidungsträger:innen und Bürger:innen Verantwortung für die globalen Auswirkungen unserer Produktions-und Lebensweise ü bernehmen?
Wie gehen wir also vor?
In Berlin arbeiten bereits viele unterschiedliche Akteure an einer lebenswerten Stadt: für eine neue Mobilitätskultur, für Kreislaufwirtschaft, für Naturschutz, für Bürgerbeteiligung oder sozial-gerechte Bildung, u.v.m. Mit ihnen gemeinsam möchte Donut Berlin den Denkwandel gestalten, weil die Summe größer ist als ihre Einzelteile.
Es geht darum, Vielfalt, Partizipation, Zusammenhalt und Gegenseitigkeit zu fördern, gemeinsame, distributive Wertschöpfung zu stärken und sich mit einer Haltung des Vertrauens zu begegnen. Der Donut ist ein nahbares Werkzeug systemischen Denkens und bietet einen Kompass für eine zukunftsfähige Stadt, die ihren Bewohner:innen schon in der Gegenwart ein gutes Leben ermöglicht.
Alle Instrumente sind bereit. Jetzt kommt es darauf an, das stetig wachsende Netzwerk aus verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren, das sich austauscht, gegenseitig inspiriert und voneinander lernt, zu pflegen und die Stadt von innen heraus neu zu denken. Wir möchten dabei Brückenbauer:innen sein und Vertrauen schaffen, auch mit verschiedenen Ansätzen auf ein Ziel hinwirken zu können.
Lasst uns Berlin gemeinsam zu einem globalen Vorreiter des sozial-ökologischen Wandels machen.